hoffe, sie faellt einen scharfen Spruch. Auch so wird uns der Spott
nicht erspart werden, und das ist das Schlimmste, denn der Spott hat
ein zaehes Leben an unserm See. Wenn ich nur dran denke, wird es mir,
beim Eid, schwarz vor den Augen. Das ganze rechte Ufer da drueben
lacht uns aus. Keinen Schoppen koennen wir mehr trinken in Meilen oder
Kuessnach, ohne dass sie uns verhoehnen in allen Tonarten und Liederweisen.
Der Schuss von Mythikon stirbt nicht am See, so wenig als in Altorf
der Tellenschuss. Er haftet und lebt bei Kind und Kindeskind. Ich
berufe mich auf Euch, Herr General", fuhr er fort, und die alten Augen
leuchteten boshaft, "Ihr wisst, was das heissen will! Wie lange ist es
her, dass Ihr von Rapperswyl abzogt? Damals wurdet Ihr von den
Katholischen besungen, und, glaubt Ihr's? das lebt noch. Ihr seid ein
verruehmter, abfiguerter Mann, aber was hilft das? Erst vorgestern noch
fuhr ein volles Pilgerschiff von Richterswyl her um die Au mit grossem
Laerm und Gesang. Ich stand in meinem Weinberge und denke: die Narren!
--Gegen Euer Haus hin werden sie still. 'Das macht der Respekt', sag
ich zu mir selbst. Ja, da hatt' ich es getroffen. Kaum sind sie
recht unter Euern Fenstern, so bricht das Spottliedlein los. Ihr wisst
das, wo sie den Wertmueller heimschicken zur Muellerin! Gut, dass Ihr
verritten wart! Meineidig geaergert hab ich mich in meinen Reben..."
"Schweigt!" fuhr ihn der General zornig an; denn der alte Schimpf
jener aufgehobenen Belagerung brannte jetzt noch auf seiner Seele, ja
schaerfer als frueher, als waere er mit jener Tinte verzeichnet, die erst
nach Jahren schwarz und unvertilglich hervortritt.
Doch er beherrschte sich und wechselte den Ton. "Etwas Konfusion
gehoert zu jeder Komoedie", sagte er, "aber wenn sie ihren Hoehepunkt
erreicht hat, muss ihr eine rasche Wendung zu gutem Schlusse helfen,
sonst wird sogar die Verruecktheit langweilig.
"Herr Pfarrer und liebe Nachbarn!
"Gestern bis tief in die Nacht habe ich an meinem Testamente
geschrieben und es Schlag zwoelf Uhr unterzeichnet. Ich kenne Euer
warmes Interesse an allem, was ich tue, lasse und nachlasse; erlaubt
denn, dass ich Euch einiges daraus vorlese."
Er zog eine Handschrift aus der Tasche und entfaltete sie. "Den
Eingang, wo ich ein bisschen ueber den Wert der Dinge philosophiere,
uebergeh ich... 'Wenn ich, Rudolf Wertmueller, jemals sterbe...', doch
das gehoert auch nicht hieher...", er blaetterte weiter. "Hier!
'Schloss und Herrschaft Elgg, die ich aus den redlichen Ersparnissen
meines letzten Feldzuges erworben, bleibt als Fideikommiss in meiner
Familie', usw. 'Item--sintemal diese Herrschaft eine treffliche, aber
vernachlaessigte Jagd besitzt und eine mit den Beutestuecken eben jener
Kampagne versehene, aber noch unvollstaendige Waffenkammer, so verfuege
ich, dass nach meinem Ableben mein Vetter, der Herr Pfarrer Wilpert
Wertmueller, benanntes Schloss und Herrschaft bewohne und bewerbe, die
Jagd herstelle, die Waffenkammer vervollkommne und ueberhaupt und in
jeder Weise bis an sein Ende frei darueber schalte und walte, wenn
anders dieser geistliche Herr sich wird entschliessen koennen, sein in
Mythikon habendes Amt niederzulegen und antistite probante an den
Kandidaten Pfannenstiel zu transferieren, welchem Kandidaten ich mein
Patenkind, die Rahel Wertmuellerin, zur Frau gebe, nicht ohne die
vaeterliche Einwilligung jedoch, und mit Hinzufuegung von dreitausend
Zuerchergulden, die ich dem Fraeulein, in meinen Segen eingewickelt,
hinterlasse.'