erfolgte Einrichtung zweier neuer Buergerbezirke im pomptinischen Gebiet zeigt
deutlich die gewaltig vordringende roemische Macht.
In offenbarem Zusammenhang mit dieser Krise in dem Verhaeltnis zwischen Rom
und Latium steht die um das Jahr 370 (384) erfolgte Schliessung der latinischen
Eidgenossenschaft ^11, obwohl es nicht sicher zu bestimmen ist, ob sie Folge
oder, wie wahrscheinlicher, Ursache der eben geschilderten Auflehnung Latiums
gegen Rom war. Nach dem bisherigen Recht war jede von Rom und Latium gegruendete
souveraene Stadt unter die am Bundesfest und Bundestag teilberechtigten Kommunen
eingetreten, wogegen umgekehrt jede einer anderen Stadt inkorporierte und also
staatlich vernichtete Gemeinde aus der Reihe der Bundesglieder gestrichen ward.
Dabei ward indes nach latinischer Art die einmal feststehende Zahl von dreissig
foederierten Gemeinden in der Art festgehalten, dass von den teilnehmenden
Staedten nie mehr und nie weniger als dreissig stimmberechtigt waren und eine
Anzahl spaeter eingetretener oder auch ihrer Geringfuegigkeit oder begangener
Vergehen wegen zurueckgesetzter Gemeinden des Stimmrechts entbehrten. Hiernach
war der Bestand der Eidgenossenschaft um das Jahr 370 (384) folgender Art. Von
altlatinischen Ortschaften waren, ausser einigen jetzt verschollenen oder doch
der Lage nach unbekannten, noch autonom und stimmberechtigt zwischen Tiber und
Anio Nomentum, zwischen dem Anio und dem Albaner Gebirg Tibur, Gabii, Scaptia,
Labici ^12, Pedum und Praeneste, am Albaner Gebirg Corbio, Tusculum, Bovillae,
Aricia, Corioli und Lanuvium, in den volskischen Bergen Cora, endlich in der
Kuestenebene Laurentum. Dazu kamen die von Rom und dem latinischen Bunde
angelegten Kolonien: Ardea im ehemaligen Rutulergebiet und in dem der Volsker
Satricum, Velitrae, Norba, Signia, Setia und Circeii. Ausserdem hatten siebzehn
andere Ortschaften, deren Namen nicht sicher bekannt sind, das Recht der
Teilnahme am Latinerfest ohne Stimmrecht. Auf diesem Bestande von
siebenundvierzig teil- und dreissig stimmberechtigten Orten blieb die latinische
Eidgenossenschaft seitdem unabaenderlich stehen; weder sind die spaeter
gegruendeten latinischen Gemeinden, wie Sutrium, Nepete, Antium, Tarracina,
Cales, unter dieselben eingereiht, noch die spaeter der Autonomie entkleideten
latinischen Gemeinden, wie Tusculum und Lanuvium, aus dem Verzeichnis
gestrichen.
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^11 In dem von Dionysios (5, 61) mitgeteilten Verzeichnis der dreissig
latinischen Bundesstaedte, dem einzigen, das wir besitzen, werden genannt die
Ardeaten, Ariciner, Bovillaner, Bubentaner (unbekannter Lage), Corner (vielmehr
Coraner), Carventaner (unbekannter Lage), Circeienser, Coriolaner, Corbinter,
Cabaner (vielleicht die Cabenser am Albaner Berg, Bullettino dell' Istituto
1861, S. 205), Fortineer (unbekannt), Gabiner, Laurenter, Lanuviner, Lavinaten,
Labicaner, Nomentaner, Norbaner, Praenestiner, Pedaner, Querquetulaner
(unbekannter Lage), Satricaner, Scaptiner, Senner, Tiburtiner, Tusculaner,
Tellenier (unbekannter Lage), Toleriner (unbekannter Lage) und Veliterner. Die
gelegentlichen Erwaehnungen teilnahmeberechtigter Gemeinden, wie von Ardea (Liv.
32, 1), Laurentum (Liv. 37, 3), Lanuvium (Liv. 41, 16), Bovillae, Gabii, Labici
(Cic. Planc. 9, 23) stimmen mit diesem Verzeichnis. Dionysios teilt es bei
Gelegenheit der Kriegserklaerung Latiums gegen Rom im Jahre 256 (498) mit, und
es lag darum nahe, wie dies Niebuhr getan, dies Verzeichnis als der bekannten
Bundeserneuerung vom Jahre 261 (493) entlehnt zu betrachten. Allein da in diesem
nach dem latinischen Alphabet geordneten Verzeichnis der Buchstabe g an der
Stelle erscheint, die er zur Zeit der Zwoelf Tafeln sicher noch nicht hatte und
schwerlich vor dem fuenften Jahrhundert bekommen hat (mein Die unteritalischen
Dialekte. Leipzig 1850, S. 33), so muss dasselbe einer viel juengeren Quelle
entnommen sein; und es ist bei weitem die einfachste Annahme, darin das
Verzeichnis derjenigen Orte zu erkennen die spaeterhin als die ordentlichen
Glieder der latinischen Eidgenossenschaft betrachtet wurden und die Dionysios,
seiner pragmatisierenden Gewohnheit gemaess, als deren urspruenglichen Bestand
auffuehrt. Es erscheint in dem Verzeichnis, wie es zu erwarten war, keine
einzige nichtlatinische Gemeinde; dasselbe zaehlt lediglich urspruenglich
latinische oder mit latinischen Kolonien belegte Orte auf - Corbio und Corioli